Welche sozialversicherungs- und lohnsteuerrechtliche Regelungen Sie bei der Beschäftigung von Saisonarbeitskräften in der Land- und Forstwirtschaft beachten sollten
Beschäftigung von Arbeitnehmern aus EU-Staaten
Sofern in der neuen Erntesaison auch Arbeitnehmer aus dem Ausland beschäftigt werden, entscheidet die Herkunft darüber, ob und inwieweit eine Beschäftigungsaufnahme in Deutschland möglich ist. Arbeitnehmer aus anderen EU-Mitgliedstaaten etwa – zum Beispiel aus Polen, Rumänien oder Bulgarien – benötigen für eine Saisonbeschäftigung in Deutschland weder eine Aufenthalts- noch eine Arbeitserlaubnis. Lediglich die Meldegesetze des jeweiligen Bundeslandes sind zu beachten.
Beschäftigung von Drittstaatsangehörigen
Drittstaatsangehörige hingegen brauchen für die Aufnahme einer Beschäftigung in Deutschland nach wie vor ein Visum oder eine Aufenthaltserlaubnis, die eine Beschäftigung in Deutschland gestattet. Es handelt sich dabei um Personen, die nicht Staatsangehörige eines EU-Mitgliedstaates oder von Island, Norwegen, Liechtenstein oder der Schweiz sind. Auch Staatsangehörige aus Georgien, der Republik Moldau sowie im Rahmen der sogenannten Westbalkan-Regelung, die ab 2024 unbefristet gilt, aus Albanien, Bosnien und Herzegowina, dem Kosovo, Nordmazedonien, Montenegro und Serbien kommen in Betracht. Darüber hinaus können auch studierende Drittstaatsangehörige, die entweder im Ausland oder in Deutschland eingeschrieben sind, im Rahmen einer Ferienbeschäftigung als Saisonarbeitnehmer tätig sein.
Bei beabsichtigter Beschäftigung von Drittstaatsangehörigen sollte sich der deutsche Arbeitgeber bereits vorab beim Arbeitgeberservice der örtlichen Agentur für Arbeit darüber informieren, unter welchen Voraussetzungen die Bundesagentur für Arbeit (BA) einer Beschäftigungsaufnahme in Deutschland zustimmt. Nach wie vor gilt in diesem Bereich: Beschäftigungsaufnahme erst nach Erteilung der Arbeitserlaubnis (sonst gibt es ein Bußgeld!) und alle relevanten Nachweise zu den Lohnunterlagen nehmen.
Beschäftigung von geflüchteten Menschen
Kriegsbedingt geflüchteten Menschen aus der Ukraine wird auf Antrag in der Regel eine humanitäre Aufenthaltserlaubnis zum vorrübergehenden Schutz ausgestellt. Bereits mit Ausstellung der sogenannten Fiktionsbescheinigung, die einen „erlaubten Aufenthalt“ bis zur Entscheidung über den Antrag feststellt, besteht der Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt (Vermerk „Erwerbstätigkeit erlaubt/gestattet“). Erforderlich dafür ist die Zustimmung der zuständigen Ausländerbehörde. Eine Beschäftigungsaufnahme ist erst zulässig, wenn die Fiktionsbescheinigung bzw. wenn der Aufenthaltstitel vorliegt. Durch Rechtsverordnung ist zwischenzeitlich geregelt, dass die Aufenthaltserlaubnisse von aus der Ukraine Geflüchteten, die am 1. Februar 2024 gültig sind bzw. waren, ohne Verlängerung im Einzelfall bis zum 4. März 2025 fortgelten.
Hinsichtlich der Beschäftigung von geflüchteten Menschen aus anderen Staaten ist zu beachten, dass die Beschäftigungsaufnahme in Deutschland vom Aufenthaltsstatus abhängig ist. Anerkannte Flüchtlinge, Asylbewerber und Geduldete haben jeweils einen unterschiedlichen Aufenthaltsstatus. Eine Beschäftigungsaufnahme in Deutschland ist grundsätzlich nur mit einer entsprechenden Arbeitserlaubnis möglich. Bei Fragen rund um den Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt hilft die Agentur für Arbeit unter der zentralen Telefonnummer (02 28) 71 32 000 weiter.
Statusprüfung für Sozialversicherungsrecht
Auch in der neuen Erntesaison hat der deutsche Arbeitgeber – insbesondere für osteuropäische Saisonarbeitnehmer – bei Beschäftigungsaufnahme zu prüfen, ob für den jeweiligen Arbeitnehmer das Sozialversicherungsrecht des Heimatlandes (dann Meldung und Beitragsabführung dort) oder Deutschlands Anwendung findet. Maßgebend dafür ist die Tätigkeit bzw. der sozialversicherungsrechtliche Status des jeweiligen ausländischen Saisonarbeitnehmers im Heimatland. Für diese Statusprüfung sollten Arbeitgeber von ihren Arbeitnehmern unbedingt den zweisprachigen „Fragebogen zur Feststellung der Versicherungspflicht/Versicherungsfreiheit – z. B. polnischer/rumänischer/bulgarischer – Saisonarbeitnehmer“ ausfüllen lassen. Bei Anwendung des deutschen Sozialversicherungsrechts kommen neben einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung auch – kostengünstigere – geringfügige Beschäftigungen im Rahmen eines Minijobs oder einer sozialversicherungsfreien kurzfristigen Beschäftigung als Erntehelfer in Betracht, wenn die entsprechenden Voraussetzungen dafür gegeben sind.
Mindestlohn bei 12,41 €
Seit dem 1. Januar 2024 beträgt der gesetzliche Mindestlohn in Deutschland 12,41 € brutto je Zeitarbeitsstunde statt zuvor 12 €. Die Bundesregierung setzte damit einen Vorschlag der Mindestlohn-Kommission aus Vertretern von Arbeitgebern und Gewerkschaften um. Fest steht bereits, dass zum 1. Januar 2025 eine weitere Anhebung auf dann 12,82 € erfolgt. Auch dieser Schritt war von der Kommission vorgeschlagen worden.
Einhaltung der Minijob-Grenze
Erfolgt die Beschäftigung im Rahmen einer geringfügig entlohnten Beschäftigung in Form eines sogenannten Minijobs, ist der Arbeitgeber unter anderem zur Abführung pauschaler Beiträge an die Krankenversicherung und die Rentenversicherung verpflichtet. Aufgrund des gestiegenen Mindestlohns beträgt die monatliche Minijob-Grenze nunmehr 538 €. Damit wird Minijobbern eine Beschäftigung mit Mindestlohnvergütung bis zu zehn Wochenstunden ermöglicht. Die Jahresverdienstgrenze beträgt daher aktuell 6.456 €, um die Minijob-Grenze einzuhalten.
Sozialversicherungsfreie Beschäftigung
Saisonarbeitnehmer können nach wie vor als Erntehelfer sozialversicherungsfrei kurzfristig beschäftigt werden, wenn die Beschäftigung innerhalb eines Kalenderjahres auf längstens drei Monate oder 70 Arbeitstage begrenzt ist. Dabei kann der Arbeitgeber frei wählen, welche Zeitgrenze für seinen Saisonarbeitnehmer günstiger ist. Wichtig ist, dass das Beschäftigungsverhältnis bereits vor Beschäftigungsbeginn in einem schriftlichen Arbeitsvertrag auf die maximale Dauer einer dieser Zeitgrenzen beschränkt ist.
Weitere Voraussetzung für die Sozialversicherungsfreiheit ist, dass die Saisontätigkeit nicht berufsmäßig ausgeübt wird. Das ist der Fall bei der Beschäftigung von Schülern, Studenten und Rentnern sowie grundsätzlich bei der Beschäftigung von Selbstständigen. Auch Hausfrauen und Hausmänner können als Erntehelfer sozialversicherungsfrei kurzfristig beschäftigt werden. Dies setzt allerdings voraus, dass sie im „Fragebogen zur Feststellung der Versicherungspflicht/Versicherungsfreiheit von Saisonarbeitnehmern“ angegeben haben, wie der Lebensunterhalt bestritten wird.
Lohnsteuerpauschalierung für Aushilfskräfte
In land- und forstwirtschaftlichen Betrieben können Arbeitgeber, die Aushilfskräfte ausschließlich mit typischen land- oder forstwirtschaftlichen Arbeiten beschäftigen, die Lohnsteuer mit einem Pauschalsteuersatz von nur 5 % des Arbeitslohns erheben und abführen, wodurch sich die Lohnkosten des Arbeitgebers erhöhen. Aushilfskräfte in diesem Sinne sind Personen, die auf längstens 180 Tage im Kalenderjahr für nicht ganzjährig anfallende Arbeiten beschäftigt werden, die keine land- und forstwirtschaftliche Berufsausbildung absolviert haben und die auch nicht aufgrund von Vorkenntnissen in der Lage sind, eine Fachkraft zu ersetzen. Letzteres wäre der Fall, wenn die Aushilfskraft z. B. selbst von einem landwirtschaftlichen Betrieb stammt. Die Pauschalierung kommt damit beispielsweise bei Erntearbeiten, Anpflanzungen oder bei einem Holzeinschlag in Betracht, dagegen nicht für das Schälen von Spargel. Wird die Aushilfskraft darüber hinaus im geringen Umfang von maximal 25 % der Gesamtbeschäftigungsdauer mit ganzjährig anfallenden land- und forstwirtschaftlichen Arbeiten wie der Fütterung von Vieh oder der Wartung von Maschinen betraut, ist dies für die Pauschalierung unschädlich. Bei einem Einsatz in anderen – nicht typisch land- und forstwirtschaftlichen – Bereichen, wie zum Beispiel in der Verwaltung, als Verkäufer oder für Bautätigkeiten, ist die Pauschalierung mit 5 % dagegen grundsätzlich nicht möglich.
Neben den genannten Pauschalierungsvoraussetzungen ist darauf zu achten, dass der durchschnittliche Stundenlohn von 19 € nicht überschritten wird. Statt der fünfprozentigen Pauschalbesteuerung kommt für kurzfristig beschäftigte Saisonarbeitnehmer alternativ die Besteuerung nach Lohnsteuerabzugsmerkmalen (Steuerklasse I) in Betracht. Was hier steuerlich günstiger ist, sollte im Rahmen einer steuerlichen Beratung geklärt werden. Es ist auch möglich, dass der Arbeitgeber die 5 %ige Pauschalsteuer durch Kürzung des Netto-Auszahlungsbetrages auf den Arbeitnehmer abwälzt.
Kurzzeitige kontingentierte Beschäftigung
Zum 1. März 2024 wurde eine – kontingentierte – neue Form der kurzzeitigen Beschäftigung für bestimmte Drittstaatsangehörige eingeführt - und zwar unabhängig vom Nachweis einer Qualifikation. Danach kann die BA bei visumfreier Einreise für Kurzaufenthalte in Deutschland – ohne Beteiligung weiterer Behörden – eine Arbeitserlaubnis (von regelmäßig mindestens 30 Stunden je Woche) erteilen; und zwar für die Dauer von bis zu 90 Tagen je Zeitraum von 180 Tagen. Allerdings darf die Beschäftigung acht Monate innerhalb eines Zeitraums von zwölf Monaten nicht überschreiten. In den übrigen Fällen ist die Erteilung eines Aufenthaltstitels mit Zustimmung der BA erforderlich. Weitere Voraussetzung ist, dass der Arbeitgeber tarifgebunden ist, die Arbeitnehmer zu den geltenden tariflichen Arbeitsbedingungen beschäftigt und die erforderlichen Reisekosten trägt. Zudem darf der Zeitraum für solche Beschäftigungen für den konkreten Einsatzbetrieb einen Zeitraum von zehn Monaten innerhalb eines Jahres nicht übersteigen.
Die Arbeitserlaubnis muss spätestens bei Beschäftigungsaufnahme vorliegen. Zu beachten ist hier, dass die Regelungen zur kurzfristigen – sozialversicherungsfreien – Beschäftigung keine Anwendung finden, auch wenn deren Voraussetzungen vorliegen. Die Beschäftigung dieser ausländischen Arbeitnehmer führt somit grundsätzlich zur Sozialversicherungspflicht.
Fazit: Auch in der Erntesaison 2024 stellt die Beschäftigung von Saisonarbeitnehmern – insbesondere aus dem Ausland – für Sie als Arbeitgeber eine große Herausforderung dar. Für die arbeits- und sozialversicherungsrechtliche Beratung können Sie sich an den Arbeitgeberverband wenden, sofern Sie Mitglied im Bauernverband sind, andernfalls an einen Rechtsanwalt. Für die steuerrechtliche Beratung wenden Sie sich an Ihren Steuerberater.
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